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Ausstellungsprojekte Auf den ersten Blick wirken die Arbeiten von Lilian Moreno Sánchez „schön“. Warme Farben und schimmernde Stoffe faszinieren. Der zweite Blick überrascht sodann. Die Künstlerin demaskiert in ihren Arbeiten die Schönheit als eine Fassade, als einen schönen Schein, den es zu hinterfragen gilt. Die Verletzungen, das Leid und die Ängste menschlicher Existenz, die sie in ihren Bildern thematisiert, spiegeln sich in den zusammengenähten Stoffbahnen, verkümmerten Ornamenten, Knochen- und Fleischfragmenten oder in Röntgenaufnahmen. Die Künstlerin konfrontiert das Hässliche mit anmutigen Gestalten, die sie aus spätgotischen Altartafeln isoliert und im Siebdruckverfahren auf die Stoffe reproduziert. Bild Nr. 2, Serie Correcturas Simulativas Zwei Arbeiten aus der Serie Correcturas Simulativas (Vortäuschende Korrekturen, 1995/1997; Raum 1), die die chilenische Künstlerin kurz nach ihrer Übersiedlung nach München realisierte, zeigen aneinandergereiht Fotos von verstümmelten Menschen. Mit den Operationen bleiben die Narben existent, sie lassen sich weder beseitigen noch wegretuschieren. Moreno Sánchez stellt Fragen nach Korrekturen in unserer Gesellschaft und ihrer Bedeutung für das Menschenbild. Sie hinterfragt Täuschungen, Klitterungen, Verstellungen im Zusammenhang mit dem Menschsein. Das Arbeiten in Serien ermöglicht ihr kleinste Veränderungen in Stoff- und Farbauswahl, in Komposition und Intensität. Bild Nr. 3, Serie Passionszyklus Mit dem Rückgriff auf die abendländische Tradition christlicher Kunst entsteht der Passionszyklus (2000/2002; Raum 1). Moreno Sánchez setzt die Hl. Katharina aus einer spätgotischen Altartafel in einen neuen Zusammenhang. Sie reflektiert das erlittene Martyrium, die Frage nach dem Sinn von Gewalt, Leid und Tod. Das Motiv des Fleisches ist existent als ein Stück des Menschen und zugleich transzendent als Opfer gedacht, das durch das Reliquiar repräsentiert wird. Das reale Opfer wird in ihm zu einem zeichenhaften Ausdruck der Hingabe. Nur durch die Hingabe kann Leben aus dem Tod neu erstehen. Bild Nr. 9, Serie Di-Simulaciones In der Serie Di-Simulaciones (1997/1999; Raum 2) kontrastiert die Künstlerin anmutige Engel mit Knochen und grob genähten Schnittmustern. An die Figur des Engels knüpfen sich Erwartungen besondere Art: Verheißung und Gottesnähe, aber auch Schutz und Vertrauen. Der beigefügte Text widerspricht dieser Hoffnung. „Durch meine Schuld altert der Engel in unverschämter Weise.“ Die Texte stammen aus dem Buch „Infarto del Alma“ (Herzinfarkt) von der chilenischen Schriftstellerin Diamela Eltit. Im Buch erzählen Fotografien von armen und geistig verwirrten Menschen, denen nichts geblieben ist, bis auf ihre Liebe zueinander. Bild Nr. 16, Serie La Falta In der jüngsten Serie La Falta (Der Mangel, 2003/2004; Räume 3, 4 und Kapelle) erscheinen Klagende mit Reproduktionen von Röntgenaufnahmen. Die Künstlerin konfrontiert Außen und Innen, Oberfläche und Innenleben, äußerliche Schönheit und die Relikte des menschlichen Körpers. Lilian Moreno Sánchez hinterfragt ihren eigenen Ansatz mit den Worten: „Welche Hoffnung hält meinen Körper aufrecht, geplagt von Hunger“ Hunger ist eine essentielle Erfahrung, sowohl das leibliche Gefühl, als auch die tiefe Sehnsucht, der Hunger nach Leben, nach Liebe – eine Sehnsucht, die weit über eine vordergründige Ästhetik hinausreicht. Was macht den Menschen zum Mensch? Dr. Carmen Roll Weitere Informationen zu Lilian Moreno Sánchez Frühere Ausstellungen des Kunstraum Kettner << zurück |