Sybille Loew

Stiller Abtrag

Eine Gedenkinstallation

täglich sterben in unseren Großstädten Menschen jeden Alters ohne Angehörige zu hinterlassen, die ihre letzte Angelegenheiten regeln

sterben Menschen ohne Verwandte oder Freunde, die im Sterben an ihrer Seite sind, die sich ihrer erinnern, die Spuren ihres Lebens in ihrem Leben weitertragen

Menschen, deren tote Körper nach der Klärung der Todesursache in der Pathologie ungewaschen in einem Plastiksack  in einen Sarg gelegt werden

Menschen, die namentlich oder anonym als „stiller Abtrag“, also ohne Feier beerdigt werden, deren Sarg oder Urne niemand folgt

ein Mensch, dessen Wohnung durch ein von der Stadt beauftragtes Entmüllungsunternehmen entleert wird

deren Dinge, mit denen sie in Leben lang gelebt haben, bei Nachlassverwaltern oder im Sperrmüll landen

gestickt sind Todestag, Namen und Alter all derer, die im Zeitraum des Jahres 2005 in München spurlos gestorben sind

gestickt in ein genähtes Stoffschild, das als Papierschild mit Namen und Todeszeitpunkt versehen, in der Pathologie den Leichen zur Identifizierung an den Zeh gebunden wird

die gestickte Fadenspur im Stoff würdigt ein gelebtes Leben, benennt einen Menschen für einen flüchten Augenblick vor dem spurlosen Verschwinden.